I. Haus Isenschnibbe-Polvitz.

Isenschnibbe (Isernschnibbe, Eisernschnibbe u.ä., wohl = ei­serner Schnabel) liegt hart an der Nordgrenze der Stadt Gar­delegen im gleichnamigen Kreise. Nach Verlust von Klötze (W. I 242. u. 282, II 179) ward Gardelegen, dessen Schloß seit der Mitte des 16. Jahrhunderts in den Urkunden auch Haus Isenschnibbe genannt wird, das Hauptgut der weißen Linie, die es von 1448 bis 1857 innehatte (W. II 3, 10, 315 und hier I 1). Beim Verkauf blieb der Familie nur ein Geldlehen von annähernd 40 000 Talern und die Feldmark des wüsten Dorfes Kenzendorf, die jetzt zu Polvitz geschlagen ist.

Polvitz (Kreis Gardelegen) ist zunächst Afterlehen der ro­ten Linie. Erste Belehnung 1420 durch Heinrich IX. an die Familie Uhde (Uhden, Ude, Udo). 1454 kauft Werner II. als Vormund der minder­jährigen Brüder Heinrich XI. und Al­brecht VI. das wüste Dorf Pol­vitz als brandenburgisches Le­hen. 1456 belehnt Heinrich XI. einen Uhden, 1486 Friedrich IX. (aus der roten Linie) wieder einen Uhden (1473 wird ein mit Friedrich IX. verschwägerter Hans v. Rochow zu Polvitz genannt). 1497 Belehnung durch Busso IX., 1499 durch Wer­ner III. (wie Werner II. aus der weißen Linie). 1536, 1539 und 1551 ist Ludolf X., 1550 Gebhard XX. Lehnsträger; mit Fried­rich X. als letztem Gliede der roten Linie kehrt Polvitz 1553 an diese zurück. Weitere Belehungen 1554, 1567, 1570 und 1576 für Glieder der schwarzen (Andreas I., Elias I., Ludolf X.) und der weißen (Valen­tin) Linie. 1617 verkauft Nikolaus Uhde Polvitz mit allem Zubehör an Christoph von Alvensle­ben, den 1620 Gebhard XXI. beerbt. Die­ser verschenkt es noch 1620 an Valentin Joachim v. Alvensleben. 1882 wird Polvitz Fideikommiß.

I 1. (Graf) Friedrich Wilhelm 3. August, Sohn des Valentin Joachim IV. (W. III 441ff.), geb. 31. 5. 1798 in Isenschnibbe, gest. 2. 2. 1853 in Weteritz (W. III 449ff.); verh. 8. 9. 1824 mit Auguste Gräfin v. d. Osten gen. Sacken, Tochter des Grafen Fr. Aug. Bernhard v. d. Osten-Sacken auf Clausdorf (Westpreu­ßen) und der Amalie Marianne Louise Gräfin v. Hoym-Droyßig (geb. 4. 9. 1804 in Bellin b. Güstrow, Meckl., gest. 16. 9. 1890 in Berlin). Kinder dieser Ehe: I 2-14.

Bewirtschaftete zunächst Erxleben I bis zum Tode seines Vaters (11. 4. 1827), übernahm dann die Verwaltung der ihm durchs Los zugefallenen Güter Isenschnibbe, Wete­ritz, Polvitz, Kenzendorf, Siems und Gürtel, wohnte in Isenschnibbe, dann in dem von ihm erbauten Hause zu Weteritz. 1838 – 47 besaß er außerdem Falkenberg i. d. Altmark und 1836 – 41 Witt enmoor. Am 15. 10. 1840 wurde er als Graf v. Alvensleben-Isenschnibbe zu We­teritz in den erblichen Grafenstand erhoben, der an das Recht der Erstgeburt und den ungeteilten Besitz der Rit­tergüter geknüpft war. Kgl. Preuß. Kammerherr und Rechtsritter des Johanniterordens. Begraben zu Weteritz. Nach dem Tode ihres Mannes wurde Gräfin Auguste 1855 Oberhofmeisterin der Prinzessin Friedrich Karl von Preußen und wohnte als solche in Potsdam, später in Berlin. Sie nahm in der Königlichen Familie und in der Berliner Gesellschaft eine vorzügliche Stellung ein und zeichnete sich durch ihre Wirksamkeit in wohltätigen Vereinen und Veranstaltungen aus. Sie war Dame des Königlichen Luisenordens. Sie starb im Königlichen Schlosse in Berlin und ist auf dem Kirchhof in der Liesenstraße neben ihrer ältesten Tochter Anna begraben.

I 2. Wichard 3., Sohn von I 1, geb. 1. 7. 1825 in Erxle­ben I, gest. 15. 11. 1909 in Polvitz.Kloster U. L. Frauen zu Magdeburg, Pädagogium der Franckeschen Stiftungen Halle. Studium in Heidelberg und Berlin. Ausbildung in der Forstwirtschaft in Letzlin­gen. Übernahm nach dem Tode des Vaters den stark ver­schuldeten Besitz, mußte 1857 Isenschnibbe und Wete­ritz verkaufen, konnte aber Polvitz-Kenzendorf zum Fi­deikommiß machen (1882). Bewährte sich als fleißiger und erfolgreicher Forstwirt in 55jähriger Tätigkeit und forstete große Teile des Ackers auf. Er lebte zurückgezo­gen, widmete sich seinen Aufgaben als Kreisdeputierter, Mitglied des Kreisausschusses, Amtsvorsteher und Stan­desbeamter und dem Wohle seiner Familie und seiner Gutsleute und starb unvermählt; er war Senior der wei­ßen Linie.

I 3. Anna, Tochter von I 1, geb. 27. 12. 1826 in Erxle­ben, gest. 19. 1. 1889 in Berlin. – Hofdame der Königin Eli­sabeth von Preußen. Anna stiftete ein Kapital von 36 000 M., dessen Zinsen jährlich einem kranken Fräu­lein v. Alvensleben ausgezahlt werden sollen. Sie starb im königlichen Schloss in Berlin und ruht auf dem Kirchhof in der Liesenstraße neben ihrer Mutter. Bilder von ihrer Wohnung im (heute zerstörten) Schloss sind noch erhalten.

I 4. Joachim 6., Sohn von I 1, geb. 6. 1. 1828 in Erxle­ben, gest. 7. 2. 1900 in Magdeburg.Kadettenkorps. Offizier beim Garde-Kürassier-Regiment, dann beim 1. Pommerschen Grenadier-Regiment Nr. 2; nahm, da er nicht genügend Mittel hatte, als Hauptmann den Abschied. Er trat in die französische Fremdenlegion ein und machte den Feldzug in Mexiko mit. Lebte später in Straßburg, Wasselnheim im Elsaß und Polvitz. Er starb unvermählt in Magdeburg und liegt in Polvitz begraben.

I 5. Gebhard, Sohn von I 1, geb. 24. 1. 1829 in Isen­schnibbe, gest. 25. 7. 1834 in Weteritz. Dort begraben.

I 6. Busso, Sohn von I 1, geb. 19. 3. 1830 in Isen­schnibbe, gest. daselbst 22. 5. 1830. Begraben in Wete­ritz.

I 7. Adelheid, Tochter von I 1, geb. 7. 6.1831 in We­teritz, gest. 23. 12. 1911 in Bad Kösen. – Inhaberin der Medaille für Lazarettpflege, Ehrenstiftsdame von Mari­enfließ in Pommern. Begraben in Bad Kösen.

I 8. Armgard, Tochter von I 1, geb. 13. 2. 1833 in Wete­ritz, gest. 16. 4. 1926 in Gera. – Hofdame weiland der Fürstin Reuß j. L. Ehrenstiftsdame von Cammin in Pommern, Exzellenz. Hatte ihren Ruhesitz auf Schloß Gera; sie liegt in Polvitz begraben.

I 9. Auguste, Tochter von I 1, geb. 4. 2. 1835 in Wete­ritz, gest. 9. 6. 1907 in Stolp i. P.

I 10. Achatz, Sohn von I 1, geb. 23. 4. 1836 in Wete­ritz, gest. daselbst 31. 7. 1836.

I 11. Friedrich 14. (Fritz), Sohn von I 1, geb. 7. 8. 1837 in Weteritz, gest. 5. 10. 1894 in Hannover.Gymnasium Stendal, Kadettenkorps Berlin, 1856 Porte­peefähnrich im 1. Garde-Regiment, 1857 Sekondeleut­nant, 1866 Premierleutnant im 2. Thüringischen Infan­terie-Regiment Nr. 32, 1869 Hauptmann und Kompa­gnie­chef, 1879 Major, 1883 Bataillonskommandeur im 2. Oberschlesischen Infanterie-Regiment Nr. 23, 1886 Oberstleutnant im Grenadier-Regiment Nr. 9 zu Stargard, 1888 Oberst und Kommandeur des Infanterie-Regiments Nr. 13, 1891 Generalmajor und Kommandeur der 39. Infanterie-Brigade. 1894 mit dem Charakter als General­leutnant zur Disposition gestellt. Er nahm 1866 an den Kämpfen der Mainarmee, 1870 an allen großen Kampf­handlungen des Infanterie-Regiments Nr. 32 teil. Als energischer und tapferer Soldat bewährte er sich im Kriege wie im Frieden, so noch als Regimentskomman­deur in Münster, wo er Streikunruhen im Kohlerevier geschickt und rasch beilegte, nachdem die Zivilbehörden versagt hatten. Auf Anfrage der Regierung sandte er das damals aufsehenerregende Telegramm: “Hier alles ruhig, nur die Regierung nicht.“ EK.II u. a. O. Er starb unver­mählt. Begraben in Polvitz.

I 12. August 3., Sohn von I 1, geb. 7. 8. 1837 in We­teritz, Zwilling von Fritz, gefall en 16. 8. 1870 bei Mars la Tour.Gymnasium Stendal, Kadettenkorps Potsdam und Berlin. Portepeefähnrich im Garde-Jäger-Bataillon, 1857 Offi­zier, 1866 zum thüringischen Infanterie-Regiment Nr.72. Teilnehmer der Feldzüge 1866 und 1870; bei Königgrätz verwundet; begraben in Gravelotte.

I 13. Albrecht 11., Sohn von I 1, geb. 1. 10. 1838 in We­teritz, gefallen 18. 8. 1870 bei St. Privat.Gymnasium Stendal und Roßleben. Nach Abiturien­tenexamen stud. jur. in Berlin, Forstwissenschaften in Eberswalde, Forstreferendar bei der Regierung Stralsund. Nahm als Reserveoffizier des 2. Garde-Regiments am Kriege 1866 (Soor, Königinhof, Königgrätz) und am Kriege 1870 teil. Begraben zu Ste. Marie aux Chênes.

I 14. Alkmar 2., Sohn von I 1, geb. 16. 9. 1841 in Wete­ritz, gest. 10. 11. 1898 in Naumburg, verh. 27. 12. 1890 in Schochwitz mit Mechthild Elisabeth Agnes v.Alvensle­ben a. d. H. Schochwitz (XII 20). Kind dieser Ehe: I 15.

Gymnasium Stendal, Kadettenanstalt, Portepeefähnrich im Garde-Jäger-Bataillon, 1860 Sekondeleutnant, 1866 -70 Bataillonsadjutant, später im 4. Garde-Regiment z. F., 1881 Major, 1884 Kommandeur des Jäger-Bataillons Nr. 4 in Naumburg, 1888 Oberstleutnant, 1890 Oberst und Kommandeur des Grenadier-Regiments Prinz Karl von Preußen Nr. 12 Frankfurt a. d. O., 1892 Generalmajor und Kommandeur der 39. Infanterie-Brigade (Kaiser-Brigade) Berlin. 1896 Kommandant von Breslau, 1898 General­leutnant, dann wegen Krankheit beurlaubt und nach Naumburg a. d. S. verzogen; seine Leiche wurde nach Polvitz übergeführt. Teilnehmer der Kriege von 1866 (Soor, Königinhof, Königgrätz) und 1870/71 (St. Privat, Beaumont, Sedan, Paris, Le Bourget). E.K.II u. a. O.

I 15. Wilhelm Hermann 1. (Wilmann), Sohn von I 14, geb. 16. 4. 1894 in Frankfurt a. d. O., verh. 16. 9. 1921 in Rohr­beck, Kreis Königsberg (Neumark) mit Karin Agnes Asta Helene v.Gerlach, geb. 19. 4. 1898 in Gültz i. Pommern, Tochter des Majors a. D. Ser­vatius v. Gerlach und seiner Gattin Elsbeth, geb. Freiin v. Maltzahn. Kinder dieser Ehe: I 16 – 21.

Domgymnasium Naumburg, Klosterschule Roßleben, daselbst Abiturientenprüfung, Kriegsfreiwilliger im 16. Ulanen-Regiment, Weihnachten 1915 Offizier. Teilneh­mer des Weltkrieges von 1914-18. Nach dem Kriege praktische Landwirtschaftsausbildung in Eickhof, Forst­akademie Eberswalde. Seit dem Tode Wichards (I 2) Be­sitzer des Fideikommisses Polvitz . E.K.I u. II. ………..

I 16. Alkmar 4. Servatius, Sohn von I 15, geb. 29. 8. 1922 in Rohrbeck (Neumark) ………………………….

I 17. Brigitte Mechthild Elsbeth, Tochter von I 15, geb. 20.10.1923 in Polvitz. ……………………………….

I 18. Helmuth-Friedrich Wichard, Sohn von I 15, geb. 16. 1. 1925 in Polvitz., gefallen am Kuban, 12. 6. 1943 ………………………………

I 19. Eckhard, Sohn von I 15, geb. und gest. 9. 6. 1926 in Stendal.

I 20. Ursula Armgard Auguste Luise, Tochter von I 15, geb. 29. 7. 1927 in Rohrbeck (Neumark) …………..

I 21. Fredeke Mechtild Armgard, Tochter von I 15, geb. 12. 3. 1929 in Rohrbeck. ………………………………