Alvenslebensche Bibliothek
Außenstelle der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt in Hundisburg
Mit einem derzeitigen Bestand von etwa 6200 Bänden und über 13.000 Titeln gilt die Alvenslebensche Bibliothek als eine der bedeutsamsten Privatbibliotheken der Renaissancezeit. Sie geht in ihren wesentlichen Teilen auf eine Sammlung des Humanisten und Reformators Joachim I. von Alvensleben (1514-1588) zurück, der bereits 1523 als Neunjähriger sein erstes Buch, eine lateinische philosophische Schrift von Erasmus von Rotterdam, anschaffte und als Student in Leipzig, Wittenberg, Padua und Paris weitere Bücher erwarb. Er war in Hundisburg geboren, hatte von 1548 bis 1560 seinen Hauptwohnsitz auf der Burg Alvensleben, danach in Erxleben, von 1570 bis 1582 auf der Burg Rogätz und danach wieder in Erxleben und Alvensleben, wo er 1588 starb. 1579 wurde die Sammlung, die inzwischen durch Bücher der 1553 ausgestorbenen Roten Linie der Alvensleben in Erxleben und weitere Anschaffungen erheblich angewachsen war, geteilt.
Kapellenbibliothek: Aus den theologischen und kirchenhistorischen Büchern wurde die sogenannte Kapellenbibliothek gebildet und in einem Raum der neu erbauten Schlosskapelle in Erxleben aufgestellt. Sie gehörte, wie die Schlosskapelle, den beiden in Erxleben ansässigen Linien der Familie (Erxleben I und II) gemeinsam und stand unter der Aufsicht des jeweiligen Pfarrers. Ihr Bestand wurde von Gebhard XXI. von Alvensleben-Erxleben I (1556-1624) und seinen Nachkommen weiter vermehrt und umfasste schließlich etwa 2000 Bände. 1936 teilten die damaligen Besitzer von Erxleben I und II die Bücher unter sich auf. Etwa 900 Bücher gelangten in die Bibliothek von Erxleben II, 1100 nach Erxleben I. Letztere sind in den Nachkriegswirren überwiegend verloren gegangen. Etwa 570 Bücher wurden jedoch wiedergefunden und der Familie restituiert.
Lehnsbibliothek: Die übrigen Bücher bildeten die Privatbibliothek von Joachim I. von Alvensleben (Erxleben II), die spätere Lehnsbibliothek, die er bis zu seinem Lebensende weiter vermehrte. Er legte seinen Söhnen und Lehnserben ans Herz, die Bibliothek zu bewahren und zu vermehren, niemals zu teilen oder zu zerstreuen, woran sich die Familie bis heute gehalten hat. Um die Bibliothek für die Öffentlichkeit besser nutzbar zu machen, verlagerte man sie 1610 nach Stendal. Zu diesem Zweck erwarb die Familie das heute noch stehende Haus in der Hallstraße 28 hinter dem Dom und stellte einen Bibliothekar ein. 1709 wurde die Sammlung auf Wunsch Johann Friedrichs II. von Alvensleben (1657-1728) in sein neu erbautes Schloss Hundisburg gebracht, wo sie im Nordturm (Bibliotheksturm) Aufstellung fand. Nachdem Schloss und Gut Hundisburg 1811 der Familie verloren gegangen waren, gelangte die Bibliothek wieder nach Erxleben II. Dort erhielt sie 1905 ein eigenes Bibliotheksgebäude.
Im Juni 1945 konnten etwa 4650 Bände der Lehnsbibliothek und 900 Bände des auf Erxleben II entfallenen Anteils der Kapellenbibliothek kurz vor der Besetzung durch die Rote Armee nach Niedersachsen gerettet werden. Die Bücher waren von 1953 bis 1975 im Kloster Loccum untergebracht und befanden sich seit 1976 als Leihgabe in der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel. Die Wiedervereinigung Deutschlands ermöglichte 2012 die Rückführung der Lehnsbibliothek in ihre Heimatregion und die Zusammenführung der noch erhaltenen Bestände der Kapellenbibliothek. Am neuen und zugleich historischen Standort Hundisburg bilden sie den Bestand einer Außenstelle der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, sind in deren Katalog integriert und werden von dieser fachlich und wissenschaftlich betreut. Die öffentliche Nutzung wird durch die Stadtbibliothek Haldensleben gewährleistet.