Burg Calvörde

Burg Calvörde um 1600 - Zeichnung von Anco Wigboldus

Burg Calvörde um 1600 – Zeichnung von Anco Wigboldus

Die Burg Calvörde war auf Grund ihrer Grenzlage zwischen Brandenburg, Magdeburg und Braunschweig ein viel umkämpfter Ort im heutigen Sachsen-Anhalt. Über das einstige Aussehen der Bauten sind wir durch zwei Abbildungen, einen Merianstich, ferner die auf ein noch älteres Vorbild zurückgehende Ansicht im Vaterländischen Museum zu Braunschweig und durch Pläne im Landeshauptarchiv zu Wolfenbüttel unterrichtet. Die kreisförmige Oberburg, eine Baugruppe aus verschiedenen Epochen, war, durch mehrere Ohre-Arme geschützt, über Zugbrücken zugänglich. Amtshof, Wassermühle und die sternförmig aufgeteilten Gärten entsprachen dem Zustand im 17. Jahrhundert. Im Halbkreis führt die Straße nach Gardelegen heute wie einst auf dem Staudamm der Ohre vorüber. Der runde Hauptturm in der Mitte des Innenhofes war im unteren Teil aus Feldsteinen, im oberen aus Ziegeln aufgemauert und wurde daher ,,de rode Hinrik“ genannt. Er trug das Alvenslebensche Wappen und enthielt das Burgverlies, darüber in zwei Geschossen die Rüstkammern und oben die Wohnung des Turmwarts. Zinnenkranz und Spitzhelm wurden im Dreißigjährigen Krieg zerstört. Den Rest trug man seit 1737 ab. Die Südostseite nahm der dreigeschossige Pallas mit gotischem Treppenturm ein, daran das braunschweigische Wappen und eine Inschrift von 1590, Jahreszahl einer Erneuerung durch Herzog Heinrich Julius. Im Obergeschoß befanden sich Wohnräume, darüber der Rittersaal und im anstoßenden Flügel die Kapelle. Im nördlichen Teil hausten die Burgmannen; bis zum Torhaus folgten Brauhaus, Backhaus und Kornhaus. 1828 auf Abbruch verkauft, sind die Bauten bis auf unbedeutende Reste verschwunden. 

Strategische Lage

Im Raum der oberen Aller und Ohre, wo lüneburgische und altmärkische, braunschweigische, magdeburgische und halberstädtische Gebiete benachbart und teilweise durcheinander lagen, traten mehrere Geschlechter hervor, die Bartensleben, Alvensleben, Schulenburg und andere, die durch ihre Stellung beiderseits dieser Grenzen eine bedeutende Rolle spielten. Sie brachten umfangreiche Lehnsherrschaften in allen anstoßenden Territorien zusammen, was ihnen für lange Zeiträume zu weitgehender Unabhängigkeit verhalf. Einen Hauptstützpunkt in diesem Zusammenhang bildete Calvörde, das am Südende der früher unpassierbaren Sumpfwaldungen des Drömling einstmals den Ohre-Übergang der von Braunschweig in die südliche Altmark führenden Straße bestimmte.

Geschichte

Der Ort erscheint erstmals als Callenvorde in einer Urkunde, die um 1150 von Bischof Hermann von Verden angefertigt, aber auf das Jahr 786 zurückdatiert wurde (Urkundenbuch Verden, 2011, S. 1-4). Trotz dieser Fälschung ist davon auszugehen, dass die in der Urkunde genannten Orte und Gewässer zur Zeit Bischof Hermanns tatsächlich bestanden haben. Die „offizielle“ urkundliche Ersterwähnung wird auf das Jahr 1196 datiert. Zu dieser Zeit gehörte der Ort zur Markgrafschaft Brandenburg und wurde von den Grafen von Hillersleben verwaltet. Als diese 1208 ausstarben, gelangte die Herrschaft im Erbgang an die Regensteinischen Harzgrafen.

In einer Urkunde von 1306 (NLA WO 19 Urk. Nr. 183; CD Alv I, Nr. 299) erscheint der Ritter Johann von Eilsleben als Burgmann (castellanus) der Burg Calvörde (Wohlbrück I, S. 186/187). Zu dieser Zeit bestanden enge Beziehungen zur markgräflichen Burg Alvensleben. Dort war Johanns Bruder Bruno von Eilsleben Burgmann, ebenso Albrecht I. von Alvensleben (urk.1304-1336). Dieser muß später, bevor er 1324 die Burg Calbe/Milde erwarb, sogar auf der Burg Calvörde gelebt haben, wie sich aus Urkunden des Jahres 1316 schließen läßt. In einer Urkunde von 1334 (NLA WO 22, Nr. 405) wird er sogar als „Albert de Caluorde residens in Calue“ bezeichnet, d.h. er hat eine Zeitlang den Herkunftsnamen Albrecht von Calvörde geführt.

Lange kämpften Brandenburg, Magdeburg und Braunschweig um Calvörde, bis die Welfenherzöge im Laufe des 14. Jahrhunderts Sieger blieben. 1347 befand sich die Burg im Pfandbesitz der Herrn von Wederde. Das Städtchen gehörte mit mehreren Dörfern zur Burg und bildete eine braunschweigische Exklave im später preußischen Gebiet. Vermutlich durch Heirat mit der Erbtochter der Familie von Wederde, Pfandherren auf Calvörde, die  vor 1404 ausstarben, gelangte die Herrschaft an die Alvensleben aus Rogätz. Da die Liegenschaften von Calvörde und Rogätz sich in verschiedenen Landesherrschaften befanden, blieb die Behauptung bei beständigen Kämpfen oft schwierig. Gewöhnlich dienten die Burgherren gleichzeitig mehreren ihrer Landesherren als Geheime Räte. 1542 folgten die Schulenburg den Alvensleben im Pfandbesitz, bis das Haus Braunschweig-Wolfenbüttel die Herrschaft 1571 wieder einlöste, um sie künftig als Amt verwalten zu lassen. Wiewohl die Burg im 17. Jahrhundert als Festung ausgebaut wurde, geriet sie, überflüssig geworden, bald darauf in Verfall. 

Calvörde um 1650 von Merian: rechts im Bild die Burg

Burg Calvörde bei Görges (um 1830)

Calvörde um 1650 von Merian: rechts im Bild die Burg

Calvörde um 1650 von Merian; rechts im Bild die Burg

 Reste der Burg Calvörde 2008

Reste der Burg Calvörde 2008

Literatur

  • Siegmund Wilhelm Wohlbrück: Geschichtliche Nachrichten von dem Geschlecht von Alvensleben. Band I, 1819, S. 186/187, 410-417.
  • Peter Wilhelm Behrends: Die wüste Burg Kalvörde. In: Siebenter Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie zu Salzwedel. Neuhaldensleben und Gardelegen 1844, S. 41-57.
  • P.J. Meier: Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Helmstedt. Wolfenbüttel 1896, S. 191-202: Amtsgerichtsbezirk Calvörde.
  • Wilhelm Börker: Calvörde. In: Görges-Spehr: Vaterländische Geschichten und Denkwürdigkeiten der Lande Braunschweig und Hannover.
    Band I: Braunschweig. Braunschweig 1925, S. 274-281.
  • Udo von Alvensleben-Wittenmoor: Alvenslebensche Burgen und Landsitze. Dortmund 1960.
  • Berent Schwineköper: Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Elfter Band: Provinz Sachsen-Anhalt. Stuttgart 1987, S.67/68.
  • Urkundenbuch der Bischöfe und des Domkapitels von Verden. Band 1, Von den Anfängen bis 1300.
    Bearbeitet von Arend Mindermann. Stade 2001, S. 1-4.