Vienau

Burg Alvensleben 1937

Vienau 1765 – Zeichnung von Anco Wigboldus

Vienau zählt zu den Dörfern der einstigen Burgward Kalbe an der Milde. Der Name hängt mit dem Weinbau zusammen, den wahrscheinlich die in der nahen Vogtei Messdorf stationierten Corveyer Mönche einführten. Um 1500 begründete einer der Burgherren zu Kalbe, der Gefallen an dem Ort fand, in Vienau einen eigenen Rittersitz, der von den Nachfolgern nicht ständig bewohnt wurde. Dafür verlegte man für Jahrhunderte die Zentrale der Alvenslebenschen Gesamtjägerei hierher. Von 1624 bis 1746 führte das Haus Kalbe ausdauernd und schließlich mit Erfolg einen Prozess gegen die brandenburgischen Kurfürsten und preußischen Könige um ihr Recht auf Rotwildjagd, den sie endlich gegen Friedrich den Großen gewannen, der als erster Hohenzoller kein Jäger war und die Krone Schwedens als unparteiisch entscheiden ließ. Von Wasser umschlossen, lag Vienau früher in fast unzugänglichen Urwäldern und spreewaldartig von Flussarmen durchströmten Sümpfen, Dorado für Hochwild, Schwarzwild, Fische und Wasserwild. 

In der Barockzeit führte abermals Jagdpassion dazu, dass dies Sumpfparadies wieder zum Wohnsitz wurde. Gebhard Johann IV. auf Eichenbarleben, Kammerherr Augusts des Starken von Sachsen-Polen, erbaute hier 1740-1747 auf Pfahlrosten ein neues Herrenhaus, mit einer Graft umgeben. Das Bild zeigt den hochragenden Barockbau von der Gartenseite. Die dem Hof zugewandte Hauptfront schmückte ein Sandsteinportal mit doppelläufiger Freitreppe, die später ebenso verändert wurde wie das Mansardendach mit den wuchtigen Gesimsen. Da auch die prächtig gemeißelten Fensterumrahmungen nicht einmal im Bild mehr vorhanden sind, wurden sie fortgelassen. Der architektonisch angelegte Lustgarten, begrenzt durch Wasserflächen und Heckenquartiere, ist in Resten noch erkennbar. Zur Linken sind Mühle, Mühlenteich und Kirche sichtbar, zur Rechten der Wirtschaftshof in seiner einstigen Gestalt. Im Innern führte eine doppelläufige Eichentreppe zu einem Saal empor, den Kabinette mit Vertäfelungen flankierten. Fayenceöfen und Kaminecken in stuckverzierten Nischen schmückten die Räume. Ein mächtiges, festverwahrtes Tonnengewölbe, wie man sie in Herrenhäusern schuf, um die ,,privilegia darauf zu bewahren“, barg das Archiv. Die einschiffige Kirche besaß hohe spitzbogige Wölbungen, deren westfälische Bauart ebenso wie der Weinbau auf Mönche aus Corvey zurückgingen.

1820 wurde Vienau an die Herren v. Kalben verkauft, die als Burgmannen zu markgräflicher Zeit vom Schlosse Kalbe ihren Namen empfingen und in der altmärkischen Geschichte als Stadtpatriziat wie in den Aufgaben des ritterbürtigen Adels hohe Verdienste erwarben. Sie saßen dort bis zur Enteignung 1945.  In der Nachkriegszeit verfiel das Herrenhaus und ist heute eine Ruine. Nach der Wende kaufte ein Nachfahre der Kalbens Teile des Hofgeländes zurück und bewohnt dort ein Nebengebäude.

Der Husarenmajor und Freiheitskämpfer August v. Alvensleben (1775-1819) ist in Vienau geboren.  

Literatur

  • Udo v. Alvensleben-Wittenmoor : Alvenslebensche Burgen und Landsitze. Dortmund 1960
  • Udo v. Alvensleben-Wittenmoor: Chronik der altmärkischen Burg Calbe an der Milde. Unveröffentlichtes Manuskript 1920-1960, S. 248-252 – veröffentlicht unter dem Titel: Die Alvensleben in Calbe 1324-1945, bearbeitet von Reimar v. Alvensleben, Falkenberg August 2010 (180 S), S. 157-161.