Oberhof Ballenstedt

Oberhof Ballenstedt 1937 - Zeichnung von Anco Wigboldus

Oberhof Ballenstedt 1937 – Zeichnung von Anco Wigboldus

Der Oberhof Ballenstedt liegt im ursprünglichen Zentrum der Stadt neben dem Rathaus. Erste urkundliche Erwähnung des Oberhofes, eines Rittergutes, erfolgte 1488. Seit der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts befand sich der Oberhof im Lehnsbesitz der Familie von Stammer. Dazu gehörten auch der Unterhof und die sogenannte alte Burg. Das Gut verfügte über 978 Morgen Land, für die damalige Zeit eine sehr ansehnliche Fläche. 1825 wurde der Oberhof von Herzog Alexis Franz Christian von Anhalt-Bernburg erworben, der das Schloss mit dem Oberhof durch eine breite Allee, die bis heute existiert, verband. 1869 (1875) erwarb Armgard von Alvensleben (1834-1920) a.d.H. Neugattersleben den Oberhof (ohne die landwirtschaftlichen Flächen) für 9000 Taler. Sie stellte die Gebäude wieder her, legte den fast 2 ha großen Park an und ließ ihn vermutlich mit der jetzt noch vorhandenen Mauer einfassen. Nach ihrem Tod hinterließ sie den Oberhof der Alvenslebenschen Familienstiftung mit der Bestimmung, daß er als Stift für unverheiratete weibliche Familienmitglieder erhalten werden sollte.

Das Herrenhaus ist eine nach Norden offene Drei-Flügel Anlage aus Bruchsteinen in spätgotischem Baustil mit Renaissance-Einflüssen und steilem Satteldach. West- und Ostflügel bestehen am Nordende aus dreigeschossigen Zwerchhäusem, die im 19. Jahrhundert durch drei Arkaden miteinander verbunden wurden. Im Inneren sind noch mehrere Räume mit Kreuzgewölben über Mittelpfeilern versehen und mit profilierten Balken unterzogen. Auf dem Hof gab es früher einen übermauerten Brunnen. Der Taubenturm wurde um 1700 als Fachwerkbau hinzugefügt. Der Park wurde durch Tore mit der Stadt und dem Umland verbunden.

Nach Kriegsende 1945 wurden im Haus u.a. Flüchtlinge untergebracht und später der Volkskindergarten „Frohe Zukunft“ eingerichtet. Im Jahr 2000 wurde der Oberhof an die Alvenslebensche Familienstiftung restituiert. Der Kindergarten erhielt 2002 ein neues Gebäude. 2009 wurde der Oberhof einem Mitglied der Familie übertragen. Volker und Claudia v. Alvensleben haben seitdem Haus und Park denkmalgerecht restauriert und nutzen die schöne Anlage auch für kulturelle Veranstaltungen (siehe Hinweise).

Ballenstedt Innenhof 1930

1930

Oberhof Ballenstedt 1930

 um 1930

Oberhof in Ballenstedt © Deutsche Stiftung Denkmalschutz/Mertesacker
Innenhof 1930

Gartenseite 2021

Oberhof in Ballenstedt © Deutsche Stiftung Denkmalschutz/Mertesacker
Innenhof 1930

Weitere Spuren der Alvensleben in Ballenstedt – Von Joachim Schubart

Armgard v. Alvensleben-Neugattersleben (1834-1920) erwarb im Jahre 1869 den Oberhof in Ballenstedt, einen ehemals v. Stammerschen Adelssitz. Offenbar war der Oberhof, insbesondere in ihrem höheren Alter, ihr ständiger Wohnsitz. Sie starb 1920 in Ballenstedt und wurde dort im nördlichen Friedhofsteil beigesetzt. Die Grabstelle ist nicht mehr erhalten. Armgards Mutter Luise, geb. v. Trotha, einst tätige Herrin auf Neugattersleben, verbrachte die letzten Jahre ihres Lebens in Ballenstedt und starb dort im Dezember 1893. Sie wurde jedoch in Neugattersleben beerdigt.

Vielleicht angeregt durch Besuche auf dem Oberhof bei ihrer Nichte Armgard, strebten um das Jahr 1877 auch die drei Eichenbarlebener Brüder Werner, Gustav und Constantin nach ständigen oder zeitweisen Alterssitzen in Ballenstedt oder Umgebung. Werner (1802-77), der Älteste der drei, war 1869 als Generalleutnant verabschiedet worden. Er und seine zweite Gemahlin Clara, geb. Heineccius, erwarben 1877 in der Louisenstr. in Ballenstedt eine Villa (heute renoviert, Otto Kiepstr.23). Gustav und Constantin, die bekannten Generäle, bezogen etwa um diese Zeit eine am Hang über den Nachbarorten Gernrode und Bad Suderode liegende Villa (heute Schwedderbergstr.39, schon zu Bad Suderode gehörend). Nun verstarb Werner im Juni 1877 in Potsdam noch vor dem geplanten Umzug, den seine Witwe dann durchführte.

Am neuen Wohnsitz, im heute mittleren Teil des Ballenstedter Friedhofs, wurde eine Mauergrabstelle für die Familie erworben und Werner dort beigesetzt. Dies wurde auch die letzte Ruhestätte für Gustav und Constantin, die 1881 in Gernrode bzw. 1892 in Berlin starben. Diese Stätte gibt es bis heute, insbesondere eine jüngere Gedenktafel an der Mauer, die die Alvensleben-Brüder in ihrer militärischen, bzw. auch politischen Bedeutung würdigt. Zwei Grabplatten an den Seiten beziehen sich auf Nachkommen von Werner und Clara: auf deren Sohn und dessen Sohn.

Familiengrabstätte 1928

Familiengrabstätte 1928

Ballenstedt um 1840

Schon 1765 war Ballenstedt Residenz der späteren Herzöge von Anhalt-Bernburg geworden. Seit 1833 wirkte dort als Hofmaler und später als Kammerherr Wilhelm von Kügelgen, der in erhaltenen Briefen an seinen Bruder (eine veröffentlichte Folge setzt 1840 ein) eingehend das damalige Leben in Ballenstedt beschreibt. Dabei erwähnt er als älteren dortigen Bekannten Ferdinand v. Alvensleben aus dem Hause Redekin (1782-1862), der von 1819 bis 1848 in Anhalt-Bemburgischen Diensten als Kammerherr, Direktor des Alexisbades und später Hofstallmeister wirkte. Wie auch aus Familiendaten hervorgeht, hat dieser länger in Ballenstedt gelebt. Aus der ersten Ehe seiner Frau hatte er Stiefkinder, die auch in den Briefen erwähnt werden. Ausserdem heiratete seine Nichte Agnes a.d.H. Redekin (1811-1894) seinen Stiefsohn Anton v. Krosigk im Okt. 1832. Dieser war später Anhalt-Bemburgischer Oberforstmeister und Kammerherr. Als solcher lebte er offenbar in Ballenstedt, denn dort wurden zwei Söhne geboren, und dort starb er relativ jung im Februar 1844. W. v. Kügelgen erwähnt dies und ausserdem ein Portrait von ihm, das er angefertigt hatte.

Ballenstedt um 1900

Außer Armgard auf dem Oberhof gab es um 1900 noch mehrere Familienglieder am Ort. Werners Witwe Clara wohnte bis 1900 ständig in der Villa, die oben erwähnt wurde. Sie wurde einige Jahre danach verkauft. Werners Töchter aus erster Ehe Bertha (1859-1912) und Elisabeth (1861-1945) hatten von dort aus 1888 bzw. 1885 geheiratet. Als Ehefrau des Pastors an der Ballenstedter Schlosskirchengemeinde, des späteren Anhaltischen Generalsuperintendenten F. W. Schubart blieb Bertha (Großmutter des Verfassers dieser Zeilen) bis Ende 1904 am Ort. Das Paar wohnte zunächst in der Allee, dann in dem angrenzend erbauten Pfarrhaus. Als ältere Offiziere waren nach Ballenstedt gezogen Alfred-Redekin (1837-1909) und Gebhard-Erxleben I (1843-1906). Ungefähr seit 1904 lebte auch Hans Bodo-Rogätz (1849-1936) in Ballenstedt. Dort gab es noch um 1963 auf dem Friedhof eine Grabstätte mit seinem und dem Namen seiner Gattin.

Literatur

  • Udo v. Alvensleben-Wittenmoor : Alvenslebensche Burgen und Landsitze. Dortmund 1960
  • Anco Wigboldus: Burgen, Schlösser und Gärten. Veröffentlichungen der Deutschen Burgenvereinigung,
    Band 8, Marksburg über Braubach/Rhein 1974, S.72/73.
  • Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Der Bezirk Halle. Deutscher Kunstverlag München Berlin 1976, S.24

Sage: Der spukende Mönch von Ballenstedt