Dorfkirche Wittenmoor

Die heutige Kirche in Wittenmoor wurde 1895 anstelle einer 1893 abgerissenen Feldsteinkirche des 12. Jahrhunderts von Ludolf v Alvensleben (1852-1923) und seiner Frau Ida v. Glasenapp (1866-1924) neu gebaut und mit einer Farbverglasung des Königlichen Instituts für Glasmalerei in Berlin-Charlottenburg ausgestattet. Die Fenster stehen in einem engen typologischen Bezug zu einer reichen Innenausmalung, die von dem Kirchenmaler Professor Adolf Quensen (1851-1911) stammten, damals bekannt durch seine Arbeiten im Braunschweiger Dom und in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin. Vorbild für die Malereien in der Wittenmoorer Kirche waren Königslutter und Hildesheim.

Die Chorfenster

Die drei zentralen Chorfenster sind dem Gedächtnis des Vaters des Stifters Udo Gebhard Ferdinand v. Alvensleben und seiner beiden Frauen Elise Freiin v. Plettenberg und Ehrengard v. Kröcher gewidmet.

Das mittlere Fenster wird bestimmt durch die helle, erhöht von einer weißen Strahlengloriole auf dem geöffneten Sarkophag stehende Gestalt des Auferstandenen. Die Darstellung Christi und eines im Vordergrund knienden, rot gekleideten Engels entspricht dem vom Königlichen Institut für Glasmalerei ausgeführten Auferstehungsfensters für die Kreuzeskirche in Essen.

Unter dem Fenster befinden sich das Alvenslebensche Wappen und die Inschriften:

Udo Gebhard Ferdinand von Alvensleben / Geb. 14. März 1814. +20. Dezember 1879 und 1. Joh. 5,4: Unser Glaube ist der Sieg, / der die Welt überwunden hat.

Das linke Fenster zeigt Maria und Joseph und das in der Krippe liegende Kind, wobei Joseph die Gesichtszüge von Udo Gebhard Ferdinand trägt. Die Darstellung hat starke Ähnlichkeit mit einem Fenster in der Bethlehemer Weihnachtskirche, das 1892 vom Königlichen Institut für Glasmalerei gefertigt wurde. Ludolf und Ida v. Alvensleben haben diese Kirche im Rahmen einer Palästinareise vermutlich besucht und sich von den dortigen Glasmalereien inspirieren lassen. Unter dem Fenster befinden sich das Allianzwappen Alvensleben/Plettenberg und die Inschriften:

Elise von Alvensleben, geb. Freiin von Plettenberg. / Geb. 23.12.1811. + 1. Dez.1842 sowie 1. Corinth. 15.42. Es wird gesät verweslich / und auferstehen unverweslich.

Das rechte Fenster stellt die Pfingstszene dar, den in ein helles Gewand gekleideten Petrus mit dem Schlüssel und im Redegestus erhobener Linker sowie Johannes und einen weiteren Jünger. Diese Szene folgt einer Komposition von Prof. Carl Gottfried Pfannschmidt für ein Fenster im Kloster Preetz, allerdings ergänzt um die an der linken Seite von Petrus sitzende Gottesmutter im roten Gewand und blauem Mantel. Sie trägt die Gesichtszüge von Ehrengard v. Alvensleben, geb. v. Kröcher. Diese deutet auf die Sockelzone des Fensters. Dort befinden sich das Allianzwappen Alvensleben/Kröcher und die Inschriften: Ehrengard von Alvensleben, geb. von Kröcher / Geb. 13. Juli 1821 + 27. April 1895 sowie Hebräer 4,9 Es ist noch eine Ruhe / vorhanden dem Volke Gottes. Der obere Teil des Fensters ist als Titelbild des Buches von Cornelia Aman, Glasmalereien des 19. Jahrhunderts (2003), abgebildet.

Die Fenster im Kirchenschiff

Im Kirchenschiff befinden sich sechs weitere große Fenster, die sich auf die sechs Kinder von Udo Gebhard Ferdinand v. A. und Ehrengard v. Kröcher beziehen und, soweit sie noch lebten, von diesen gestiftet wurden. Sie werden durch Eisenarmierung in Rundbogenfelder mit breiter Randzone geteilt. Dargestellt sind im inneren Fensterspiegel aus einem Mittelstamm entspringende, romanisierende Blattranken mit roten Schaftringen und gelben Fruchtständen, die sich mit pastellfarben hinterlegten Medaillonrahmen verschränken. Am Fuß des Rankenstammes lehnen jeweils die Wappen bzw. Allianzwappen der Familie.

Die Fenster an der Südseite beziehen sich auf die drei Söhne von Udo Gebhard Ferdinand v. Alvensleben mit folgenden Wappen und Inschriften:

  • Allianzwappen Alvensleben/Schönborn, darüber das Eiserne Kreuz und das Johanniterkreuz, im Bogenfeld das Kommandeurskreuz des Deutschen Ordens, Ballei Utrecht / Albrecht, Graf von Alvensleben, / Martha, Gräfin von Alvensleben, geb. von Schönborn / Offenb. Joh. 3,11: Halte, was du hast, / dass Niemand deine Krone nehme.
  • Allianzwappen Alvensleben/Glasenapp, darüber das Johanniterkreuz und das Kreuz des Deutschen Ordens, im Bogenfeld das Jerusalemkreuz / Ludolf Udo von Alvensleben / Ida von Alvensleben, geb. von Glasenapp. / Josua 24.15: Ich und mein Haus / wollen dem Herrn dienen.
  • Allianzwappen Alvensleben /Unger, darüber das Jerusalemkreuz, im Bogenfeld das Johanniterkreuz / Joachim von Alvensleben / Hildegard von Alvensleben, geb. von Unger. / Off. Joh. 2.10: Sei getreu bis in den Tod, / so will ich dir die Krone des Lebens geben.

Die Südfenster

Gustav vA - Zeichnung von Wilhelm Hensel ©Kupferstichkabinett-Staatliche-Museen-zu-Berlin

Die Nordfenster beziehen sich auf die drei Töchter von Udo Gebhard Ferdinand v. A. mit nachstehenden Wappen und Inschriften:

  • Allianzwappen Gerlach/Alvensleben / + Elisabeth Louise von Gerlach, geb. von Alvensleben. Leopold von Gerlach. / Off. Joh. 19.9.: Selig sind die, die zum Abendmahl / des Lammes berufen sind. Elisabeth und Leopold v. Gerlach waren bereits 1872 und 1874 verstorben.
  • Allianzwappen Krosigk/Alvensleben / Sophie Amalie Dorothee von Krosigk, geb. von Alvensleben. / Dedo von Krosigk. Römer 12.12: Sei fröhlich in Hoffnung, / geduldig in Trübsal, haltet an am Gebet.
  • Wappen Alvensleben / Ehrengard, Clara, Marie / von Alvensleben. / Lucas 18.16: Lasset die Kindlein zu mir / kommen und wehret ihnen nicht, denn / solcher ist das Reich Gottes. Ehrengard (1863-1865) verstarb bereits mit drei Jahren.

Die Nordfenster

In der Nordwand des nördlichen Patronatseinganges gibt es noch ein kleines Rundbogenfenster zum Gedenken an Agnes v. Kröcher (1823-1907), der Schwester von Ehrengard v. Alvensleben, geb. v. Kröcher. Es enthält ein helles Flechtbandornament mit farbiger Randbordüre, ein eingefügtes Rundmedaillon trägt die lateinische Inschrift:

IN MEMORIAM / AGNETIS DE KROCHERE / virginis nobilis piae, quae / amplissimis hanc /ecclesiam decoravit. Ps. XXVLVIII. A. D. MDCCCXCV.

Das Kröchersche Wappen oben im Medaillon wurde nicht ersetzt.

Alle Fenster und die Innenausmalung der Kirche konnten bis 2007 restauriert werden.

Literatur:

  • Cornelia Aman: Glasmalereien des 19. Jahrhunderts. Sachsen-Anhalt. Die Kirchen. Edition Leipzig 2003, S. 495-497
  • Udo v. Alvensleben (1897-1962), Busso v. Alvensleben: Wittenmoor. Erschienen in der Reihe „Schlösser und Gärten in Sachsen-Anhalt“ Herausgeber: Deutsche Gesellschaft in Sachsen-Anhalt e.V., 2007 (23 S.)